Orgel plus Brass Band Hessen – Konzert am Sonntag, den 7. Mai in der Pallotinerkirche

Einen guten Griff hatten den Veranstalter getan, indem sie Frank Hoffmann an der Orgel und die Brass Band Hessen unter der Leitung von Hans-Reiner Schmidt für ihr Konzert in der Reihe Orgel plus mit Unterstützung der Kreissparkasse Limburg in der Pallotinerkirche am Sonntag engagiert hatten.

Vor gut besetzten Reihen entwickelten die Musiker emotionsgeladene Klänge vom leisesten Pianissimo bis hin zum alles mitreißenden, spannungsvollen, prächtigen Fortissimo.

 

Frank Hoffmann war als Solist an der Orgel tätig. Er ist Kirchenmusiker an der großen Orgel in der Frankfurter Heiliggeistkirche am Dominikanerkloster sowie der Ev. Festeburgkirche in Frankfurt, als Organist und Cembalist wurde er in vielen Ländern Europas als Solist verpflichtet und ist auch bekannt durch CD-Einspielungen und Rundfunk- und Fernsehübertragungen.

In Limburg brachte er drei sehr unterschiedliche Werke zu Gehör: die Hornpipe aus der Wassermusik von Georg Friedrich Händel, eine Bearbeitung von Bachs Choralvorspiel zu ‚Nun danket alle Gott’ von Virgil Fox und – mit ganz anderen Klängen – Leon Boellmanns ‚Priere á Notre-Dame’ aus der Suite Gothique. Die Zuhörer, die die Orgel in St. Marien kannten war sehr überrascht von der reizvollen Registrierung. Bei Händel und Bach fühlte man sich in eine norddeutsche Kirche mit barocker Orgel versetzt. Wolfgang Haberstock, der Organisator der Konzertreihe, meinte dazu: ‚Man ist immer wieder erstaunt, dass die Orgel bei jedem Organisten ganz anders klingt.’ Aber sie klang auch beim gleichen Organisten vollkommen anders: Die Suite Gothique ist das Hauptwerk des französischen Komponisten Leon Boelmann und gehört ins Repertoire vieler Organisten, die eine große romantische Orgel zur Verfügung haben. Kaum hörbar zu Beginn gelang Hoffmann die große Steigerung bis hin zum strahlenden Dur-Schlussakkord.

 

Anspruchsvoll und unterhaltsam – so könnte man die Konzerte der Brass Band Hessen umschreiben,

Musik von Brass Bands wird auch in Deutschland immer populärer. Zunächst entstanden Brass Bands im angelsächsischen Raum als Werkskapellen von Kohle- und Stahlminen aber auch als Bläserensembles der Salvation Army – der Heilsarmee. DieseTradition besteht seit etwa 150 Jahren. Von Anfang an traten diese Bands, ähnlich unseren Gesangvereinen, regelmäßig bei Wettstreiten an. In England entwickelte sich ein System von Divisions, d.h.: man kann von der Kreisliga in die Regionalliga usw. auf und absteigen. So entstand auch ein großer Bedarf an geeigneten Stücken für Wettbewerbe und alle zeitgenössischen englischen Komponisten haben immer auch für die Brass Band komponiert, z.B. Ralph Vaughn Williams, Gordon Jacob oder Gustay Holst. Durch die große Fähigkeit der Brass Bands, Emotionen darstellen zu können oder zu wecken gibt es eine unmittelbare Verbindung von Brass Band Musik und zeitgenössischer amerikanischer Filmmusik.

Die Brass Band Hessen hat seit ihrer Gründung im Jahr 2008 wegen persönlicher Bindungen nach Limburg hier schon fünf Konzerte gegeben. Mittlerweile kommen die Musiker aus ganz Deutschland, sogar aus Österreich, Belgien und Holland, sind zumeist Profis in großen Symphonieorchestern, Studenten und denen in nichts nachstehende brassbandbegeisterte Amateure. Hand-Reiner Schmidt war bis 2016 Posaunist im Symphonieorchester des hessischen Rundfunks – auch, wenn seine große Leidenschaft immer dem Euphonium galt. Er ist zusammen mit Simon Dillmann, der die Band managt, der Ideengeber des Orchesters, schreibt Arrangements extra für seinen Klangkörper und ist unermüdlich in der Probenarbeit.

Eigens für Limburg hatte man ein besonderes Programm einstudiert:

Eröffnet wurde das Konzert mit  einer Intrada zum Lutherchoral ‚Ein feste Burg ist unser Gott’ mit Fanfaren, die links und rechts standen und sogar im ersten Stock des Altarraums. Dagegen entwickelte sich, gespielt Posaunen, Hörnern, Tuben und Schlagwerk der zunächst eher weiche Klang von Vorne bis schließlich Fanfaren und tiefes Blech in kräftigem Fortissimo ein musikalisches Ausrufezeichen setzten. Der Nachhall in der Kirche und die darauf folgende Stille waren ein besonderes Erlebnis.

In seiner Moderation sprach Simon Dillmann bezogen auf das Programm in Anspielung auf das trübe Wetter von ‚Sonne fürs Ohr’, die dann folgen sollte: eine Pilgerreise durch Spanien. Vier Impressionen, mit Rhythmen, die man zunächst nicht in einer Kirche vermuten würde, im vierten Satz aber mit großer Ernsthaftigkeit unter dem Titel ‚Santiago de Compostella’: Das Stück baute sich langsam und leise auf, mit spanischen Motiven aus den einzelnen Registern und schließlich der Öffnung zum großen Fortissimo. Die große dynamische Differenziertheit und die Steigerung der Spannung bis zum Schluss zeichnet die Brass Band Hessen aus.

Nach den beiden barocken Orgelstücken gab es augenzwinkernd zwei Bearbeitungen von Stücken Johann Sebastian Bachs und Wolfgang Amadeus Mozarts: Air from Ipanema und Adagio di Carnival, mit Cornett- bzw. Vibraphonsolo. Bei beiden Stücken wurde Musik der großen Komponisten mit bekannter unterhaltsamer Musik, mit Bossa Nova und Samba-Rhythmen, verwoben – eine besondere Vorliebe des Dirigenten und Arrangeurs Hans-Reiner Schmidt: ‚Man muss etwas schreiben, was keiner erwartet – dann wird es interessant. Und auch scheinbar Einfaches muss immer handwerklich, musikalisch perfekt abgeliefert werden!’ Die Zuhörer nahmen es mit einem Schmunzeln – Sonne fürs Ohr.

Ein großes ernstes Stück spielte die Band zum Schluss: Lake of the Moon des zeitgenössischen Komponisten Kevon Houben. Der ‚Mondsee‘ ist ein Salzsee, wo die alten Azteken sich einst nach langer Wanderung niederliessen. Heute liegt an dieser Stelle Mexico City. Das von dieser Legende inspirierte Werk enthält Fragmente orientalischer Musik und südamerikanische Rhythmen; hier und da klingen auch russische Kosacken durch. Die Gefahren der Völkerwanderung werden in der Musik mit bedrohlichen Klängen wiedergegeben. Der letzte Abschnitt reflektiert die Freude der Azteken, die sie verspürten, als sie endlich ihr Ziel erreicht hatten.

Endlich durfte auch das Publikum applaudieren. Unerwarteter Weise konnte die Band noch eine Zugabe. Man freut sich, wenn das Orchester 2018 wieder in Limburg sein wird und mit Frank Hoffmann wurde auch schon ein Gespräch für eine weitere Musik an der Orgel in St.Marien geführt.

 

Peter Schreiber