Von weich bis klanggewaltig

von Hans-Jochen Köpper – Badische Zeitung vom 19.03.2015

TITISEE-NEUSTADT. „Heiligs Blechle“ konnte es einem entfahren, denn was die 28 Musiker der Brass Band Hessen unter Leitung von Hans-Reiner Schmidt mit dem Soloposaunisten Frederic Belli ablieferten, war ein musikalisches Glanzlicht. Von der Klassik bis zur Moderne, von weich über virtuos bis klanggewaltig boten sie im vollbesetzten Kurhaus in Titisee Brass Musik auf höchstem Niveau. Und durch Orchestermitglied Simon Dillmann, der souverän und humorvoll durchs Programm führte, erfuhren die Zuhörer interessante Details aus der Geschichte der Brass Bands.

Sie entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts in den englischen Kohlebergwerksgebieten und boten ein wenig Abwechslung von der harten Arbeit unter Tage. Außerdem nahm man an, dass die bei dieser Art von Musik besonders intensive Beanspruchung der Atemorgane beruflich bedingten Lungenschädigungen vorbeuge und die wenigen Ventile auch von grobschlächtigen Fingern bedient werden konnten….

Traditionell bilden Märsche, Choräle und Balladen den musikalischen Schwerpunkt, und eröffnet wurde mit dem „Arsenal Marsch“ der belgischen Eisenbahner aus Mechelen. Musikalisch und technisch über jeden Zweifel erhaben, dirigierte Schmidt mit großer Gestik und Dynamik die Band mit ihrem umfangreichen Schlagwerk, und die Takte donnerten von der Bühne in den Saal. Der Coral „I vow to thee“, bekannt auch als Beerdigungsmusik von Winston Churchill, zeigte einen getragenen Klang von Tubas, Hörnern und Posaunen, garniert mit feinen Obertönen der Cornetttrompeten.

Zauberhaft zeigte sich Belli etwa mit drei Sätzen aus „Mandrake in the Corner“ von Christian Lindberg. Ganz der kommenden Osterzeit widmete sich das „Intermezzo Symphonica“ aus der Oper Cavalleria Rusticana. Nach Ausflügen in die Welt der spanischen Musik gab Belli „Over the Rainbow“ aus dem Zauberer von Oz und lud damit die Zuhörer auf eine fantasievolle Traumreise ein, bevor die schottische Dudelsackmelodie „Highland Cathedral“, aus der Feder von Ulrich Roever und Michael Korb, kam. Als Tribut an die Comedian Harmonists folgte ein Medley mit Lieder wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ oder „Veronika der Lenz ist da“.

Kann man ein weltbekanntes Orgelwerk nämlich die „Toccata und Fuge“ vom Großmeister des Barock Johann Sebastian Bach für Brass Bands arrangieren? Man kann. Die Band nimmt alle Herausforderung vom leisen „piano“ bis zum donnernden „forte“, von großen Phrasierungen bis zu hochpräzisen Stakkatos musikalisch an – und bewältigt sie. Der Hummelflug von Rimski-Korsakow wird von Musikern gern als Zugabe genommen, doch das orchestrale Interludium aus dem dritten Akt der Oper „Das Märchen vom Zaren Saltan“ hat seine Tücken, denn mit bis zu zwölf Tönen pro Sekunde kann man es entweder musikalisch „hinnuscheln“ oder sauber interpretieren. Bereits nach dem ersten Takt bestand kein Zweifel, dass für Frederic Belli nur die zweite Möglichkeit in Frage kommt.

Begeistert war auch der Vorsitzende der Bürgerstiftung Klaus Menner, der als „Belohnung“ Schokolade in Form kleiner Kuckucksuhren – hergestellt in Neustadt – mitbrachte. Die Spenden des Konzertes gehen an die Bürgerstiftung Titisee-Neustadt, die sich vom Jugend- bis zum Seniorenbereich und überall dort einsetzt, „wo – so Menner – die öffentliche Hand nicht so präsent ist.“