von Beke Heeren-Pradt – Wiesbadener Tagblatt vom 03.08.2015
IDSTEIN – Astor Piazzollas „Libertango“ als Blechbläser-Version? Die Brass Band Hessen macht es möglich und zeigt, dass auch ein etwa 40 Spieler starkes reines Blech-Ensemble mit erstaunlicher Leichtigkeit zu musizieren versteht und damit den für den Tango so typischen spannungsreichen Sound des „Tango nuevo“ auf die Bühne der Idsteiner Stadthalle bringt.
Ein erlebnisreicher Bilderbogen sehr unterschiedlicher musikalischer Genres entfaltete sich für die Besucher des Auftaktkonzertes der „Tour 15“ der Brass Band Hessen, die auf Einladung des Rotary Clubs Bad Camberg/Idstein Zeugen eines bemerkenswerten Konzertes wurden, das längst nicht nur wegen seines guten Zwecks als Benefizkonzert zugunsten der Hilfe für Nepal einen Besuch wert war.
Vielfältig und unterhaltsam
Anspruchsvolle Literatur für Brass Band hat Leiter Hans-Reiner Schmidt für die Sommertournee des Ensembles zusammengestellt und dabei neben Originalstücken, die für diese Art Orchester geschrieben wurden, auch einige Musikstücke ins Programm aufgenommen, die von ihm selbst neu für das Blechbläser-Ensemble arrangiert wurden. Neben Piazzollas „Libertango“ etwa das rhythmisch und harmonisch vielfältige und abwechslungsreiche Stück „Innuendo“ des „Queen“-Frontmannes Freddy Mercury oder das Finale der Sinfonie Nr. 2 von Gustav Mahler.
„Ad astra“, „zu den Sternen“, heißt das erste Stück des Abends, komponiert vom dänischen Brass Band-Spezialisten Jacob Vilhelm Larsen, das einerseits gewissermaßen „die Richtung“ des Konzertes vorgibt, andererseits auf anspruchsvolle Weise die Klangwelt der Brass Band voll ausschöpft und das Publikum hineinzieht in eine ganz besondere Art von Musik, die es – zumal in dieser Qualität – nur selten live in Idstein zu hören gibt.
Rhythmus und Lautstärke setzt der australische Komponist Michael Golding in einen wirkungsvollen Gegensatz zu besonders lyrischen Passagen mit feinen von den Hörnern gespielten Melodien in dem Stück „Fabric in Brass“, während der Marsch eines japanischen Komponisten der Brass Band Hessen gar fernöstliche Klänge entlockt.
In der Zugabe des Abends, „Gaelforce“ des irischen Komponisten Peter Graham, präsentieren sich vor allem die vier Musiker an den Percussion-Instrumenten in atemberaubender Manier und können das Publikum zu Applaus hinreißen, nachdem die Musiker zum Beginn des zweiten Konzertteils mit George Gershwins „Strike up the Band“ auch ihr komödiantisches Talent zeigen: Denn die Bühne ist zunächst leer und erst auf Pfiff des Dirigenten Hans-Reiner Schmidt zeigt sich eine Trommel-Fußtruppe, während dahinter erst die Bläser angerannt kommen und schließlich mit viel Temperament und einem Augenzwinkern das Stück spielten, das ihnen wie auf den Leib geschneidert scheint.